Ortsgruppe Lahr

Stellungnahme zum Kommunalen Wärmeplan Lahr

14.03.2024

Kommunale Wärmeplanung in Lahr

Schritte zu einer lokalen Wärmewende

1. Wiedergründung Stadtwerke Lahr

Wichtigste Voraussetzung, damit die Stadtverwaltung in Lahr überhaupt Einfluss auf die Wärmeplanung in Lahr und damit auf die Durchsetzung einer ökologischen und am Klimaschutz ausgerichteten Wärme-Wende nehmen kann, ist die Gründung eigener Stadtwerke.Dies zeigt unter anderen das Beispiel Rottweil, wo Siegfried Rettich als Leiter der kommunalen Stadtwerke eine vorbildhafte Energie-Wende im Sektor Hauswärme vorantreiben konnte.

2. Kommunales Angebot der Wärmedienstleistung

Die Durchsetzung einer Wärme-Wende scheiterte bisher sowohl am Geld als auch an mangelnder Aufklärung. Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sind in aller Regel nicht genügend finanzstark, um die nötigen Investitionen (vor allem hohe Handwerker-Rechnungen) schultern zu können. Die in den vergangenen Jahrzehnten von Bundesregierungen aufgelegten Förder-Programme, haben sich als Alibi-Programme erwiesen, da durch sie keine ausreichende Anschub-Finanzierung erfolgte und in der Folge die Wärme-Wende im Bereich Gebäudeheizung nicht vorankam.

Einen Ausweg bietet hier ein kommunales Angebot der Wärmedienstleistung. Konkret bedeutet dies, dass die Stadt Lahr mit Hilfe der eigenen Stadtwerke HausbesitzerInnen Verträge mit einer Komplett-Lösung der Haus-Wärmeversorgung anbietet. In Rottweil hat sich herausgestellt, dass dies keine "utopische" Lösung ist, sondern praktisch realisiert werden kann. Das Rottweiler Angebot wurde breit angenommen und so konnte vielfach eine Nahwärme-Versorgung auf der Grundlage von Blockheizkraftwerken realisiert werden.

Vor einer Umstellung oder Erneuerung der Hausheizung muss allerdings in jedem Einzelfall eine Wärmebedarfs-Berechnung erstellt werden. Und: Im Sinne der Effizienzsteigerung und der sparsamen Nutzung unserer Ressourcen muss in aller Regel vor der Umstellung oder Erneuerung der Hausheizung eine gründliche Wärmedämmung realisiert werden.

Sowohl die Kosten für eine Wärmedämmung des Hauses, für das mit der Kommune ein Vertrag zur Wärmedienstleistung abgeschlossen wurde, als auch die kompletten Kosten für Heizungs-Erneuerung bzw. Austausch übernimmt der kommunale Vertragspartner. Dieser kann so die bestangepasste und unter ökologischen und Klimaschutz-Gesichtspunkten optimale Gebäudeheizung realisieren. Finanziert wird dies dadurch, dass mit den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern langfristige Verträge über die Versorgung mit Wärme abgeschlossen werden.

3. Kommunale Wärmestrategie: Wärmepumpen und Wärmenetze

Laut dem von der Stadtverwaltung Lahr präsentierten Fachgutachten sollen bei der geplanten Erweiterung von Wärmenetzen im Westen Lahrs neben Biokraftstoffen (BHKW Mauerfeld) und Biomasse (Holzhackschnitzel Langenwinkel) zukünftig auch Industrie-Abwärme, Klärgas, Groß-Wärmepumpen, große Solarthermieanlagen und auch die Tiefengeothermie zum Einsatz kommen.

Die Autorinnen und Autoren des Fachgutachtens behandeln dazu verschiedene Handlungsfelder und zeigen konkrete Maßnahmen auf. Die Umsetzungstiefe der Maßnahmen richtet sich jedoch nach dem Handlungsspielraum, den bestehenden Verwaltungsstrukturen und Finanzierungsmöglichkeiten. Hier zeigt dieses Fachgutachten dem Gemeinderat, den verschiedenen Ämtern und den Ausführenden schon Schlupflöcher auf, wie konsequenter Klimaschutz vermieden werden kann. Diese Schlupflöcher müssen geschlossen werden. Schließlich hieß es schon immer bei Absichten und Plänen: "… soweit es die Haushaltslage erlaubt."

Auch bei den kleinen Luft-Wärmepumpen bahnt sich schon seit mehreren Jahren eine verhängnisvolle Entwicklung an. Interessierte Kreise propagieren sie nicht nur für sehr gut wärmegedämmte Häuser - was sinnvoll sein kann - sondern auch für nicht oder nur teilweise energetisch sanierte Altbauten und berufen sich dabei auf fragliche Feldtests! Als Folge steigt der Stromverbrauch zunehmend an, und zwar soweit, dass ihn die erneuerbaren Energien aus Platz- und Kostengründen nicht mehr decken können.

Ob dann der Strom für die Erzeugung der Wärme noch "grün" sein kann, ist zweifelhaft. Immerhin heißt es im vorliegenden Fachgutachten, dass die Quellen zur Erzeugung der Wärme nur "grüner" Strom und "grün" erzeugte Wärme sein dürfen. Deshalb das Fazit: Erst dämmen - dann pumpen!

Die Kopplung  von Strom und Wärme hätte in dem Gutachten mehr Beachtung finden müssen. Und beim Einsatz von Wärmepumpen sind ineffiziente Luftwärmepumpen keine Lösung. Auch ist die kombinierte Nutzung von Wärmepumpen und Solarthermie zu prüfen.

4. Ökologisch und klimapolitisch sinnvolle Lösungen bei der Gebäudeheizung

Das seit dem vergangenen Jahr gültige Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) - im Volksmund: Heizungsgesetz  - ist eine Sabotage der Energie-Wende. Eine Reduktion des Wärmebedarfs wird nämlich mit dem neuen GEG nicht als Erfüllungsoption anerkannt. Auch die Eigen-Stromproduktion wird nicht als Erfüllungsoption anerkannt. Kraft-Wärme-Kopplung - etwa mit Blockheizkraftwerken - wird mit diesem Gesetz sabotiert. Der Einsatz von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien im Zuge eines EE-Ausbaus, um so nach und nach Erdgas bei Blockheizkraftwerken durch grünen Wasserstoff zu ersetzen, wird so blockiert. Auch alle anderen Arten der Energie-Effizienz und Energie-Einsparung bleiben beim neuen Heizungsgesetz außen vor.

Im Sinne des Paradigmas von der "Sektorkopplung" soll mit diesem Gesetz in erster Linie der Verkauf von elektrischen Wärmepumpen auf breiter Front durchgesetzt werden. Bei den elektrischen Wärmepumpen wurden die Effizienz-Anforderungen zum Teil deutlich abgesenkt, um für entsprechende Marktdurchdringung zu sorgen. Dennoch wird - so auch bei der kommunalen Veranstaltung zur Wärmeplanung Lahr am 15.02.24 im Haus zum Pflug - entgegen aus der Praxis vorliegenden Zahlen mit dem "Verhältnis Eins zu Drei" geworben. Dies besagt, eine elektrische Wärmepumpe könne beim Einsatz von einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme für die Hausheizung zur Verfügung stellen. Relevant ist jedoch die Jahresarbeitszahl und nicht die Heizzahl, COP (coefficient of performance) auf dem Teststand, die lediglich das Verhältnis von eingesetzter elektrischer Energie zu verfügbarer Wärmeenergie unter fiktiven Annahmen wie einer Temperaturen für die Außenluft - beispielsweise 7°C - oder für die Vorlauftemperatur - beispielsweise 30°C - angibt.

Um dieser katastrophalen Ausrichtung des GEG von kommunaler Seite her entgegen zu wirken, muss die mangelhafte Förderung von praxistauglichen Alternativen zur Wärmepumpe mit ausreichenden Finanzmitteln ausgeglichen werden. Wiederum steht hier an erster Stelle die Haussanierung und die Realisierung einer optimalen Wärmedämmung.

Besonders gefördert werden muss von kommunaler Seite:

- der Bau von Blockheizkraftwerken (zunächst auf der Basis von Erdgas und Biogas mit stetigem Übergang zu grünem Wasserstoff)

- der Ausbau der Solarthermie

- die Nutzung des Stroms bei Überproduktions-Spitzen der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung, insbesondere bei Windkraftanlagen und bei der Photovoltaik im Sommer, um so per Elektrolyse Wasserstoff zu gewinnen und ins Gasnetz einzuspeisen ("Power to Gas").

- Keine Zerstörung der Gas-Netze! Hier ist ausdrücklich von "Gas"-Netzen - nicht von Erdgas-Netzen - die Rede. Stadtgas bestand noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu 50 bis 60 Prozent aus Wasserstoff. Die bestehenden Gas-Leitungen sind also sehr wohl für den Transport von Wasserstoff geeignet. Eine Nachrüstung im Bereich der Armaturen und der Kompressoren ist im ohnehin regelmäßigen Leitungstausch kein hoher zusätzlicher Aufwand. Deutschland verfügt mit seinen über 500.000 Kilometern an Gasnetzen über eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur, über die rund 1,6 Millionen Industrie- und Gewerbekunden sowie mehr als 19 Millionen Haushalte mit Gas versorgt werden. Diese wertvolle Infrastruktur muss erhalten werden.

- Vorrang von Nahwärme-Netzen vor unökologischen (weil Wärmeverlust) Fernwärmenetzen wie sie etwa Badenova und das E-Werk Mittelbaden aus Eigeninteresse propagieren.

- Ausbau von Biogas aus Forstwirtschaft (Restholzverwertung) und Landwirtschaft - insbesondere aus nachhaltiger, regional generierter Milchvieh-Haltung und Einspeisung von Biogas ins Gasnetz unter Ausschluss von Mais und entsprechenden Sonder- und Monokulturen

- Ausbau der Windenergie

- Ausbau der Photovoltaik zur Eigenstrom-Nutzung

- Kommunales Verbot der Elektro-Direkt-Heizung

- Finanzielle Förderung von Mieterinnen und Mietern, die ihren Gas-Bezug auf 100 Prozent Biogas umstellen Das ist schon heute vertraglich möglich, aber teurer als Gas von Badenova.

5. Wasserstoff

Der Hinweis im vorliegenden Fachgutachten auf einen späteren Ersatz des Erdgases durch Wasserstoff ist kritisch zu bewerten. Der Nutzungsgrad dieses Gases ist aktuell noch gering und bei der Herstellung noch mit hohen Kosten verbunden. In manchen Bereichen ist der Einsatz von Wasserstoff nicht sinnvoll; der dezentrale Einsatz von Wasserstoff ist indes sinnvoll und muss gefördert werden. Die Gründe: Der Nutzungsgrad dieses Gases ist nicht nur gering, sondern bei der Herstellung auch mit hohen Kosten verbunden. Das knappe Gas soll daher aktuell vorrangig als Prozessenergie und zum Antrieb großer Transportfahrzeuge dienen, also überall da, wo es wegen der erforderlichen hohen Temperaturen keine Alternativen gibt.

6. Kontrolle und Zwischenberichte

Neben externen Akteuren muss auch die Verwaltung selbst aktiv bleiben. Es geht um die Anwendung bereits seit langem bestehender Formate, wie z.B. das städtische Energieteam und die Steuerungs- und Controlling-Instrumente des European Energy Awards. Gefordert werden im Fachgutachten durchaus zu recht auch weiterhin Kontrollen der einzelnen Arbeitsschritte und gegebenenfalls ein Nachsteuern, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Die Energie- und Treibhausgas-Bilanz sollte alle drei bis fünf Jahre aktualisiert und Zwischenberichte erstellt werden, so die Gutachter.

Negatives Beispiel dazu war das zehnjährige Aktionsprogramm "Integriertes Klimaschutzkonzept Lahr 2012", bei dem zwar alle zwei Jahre eine Kontrolle vorgesehen war, aber zwischen den Jahren 2014 und 2022 keiner mehr den Stand des bisher Erreichten überprüfte. Die Verwaltung tappte acht Jahre lang im Dunkeln, um danach festzustellen, dass sie sich bei den Zertifikaten des European Energy Awards um keinen Punkt verbesserte. Das darf sich beim kommunalen Wärmeplan nicht wiederholen!

7. Beitrag Lahrs mit städtischen Immobilien

Die Stadt Lahr hat mit dem städtischen Anteil an den lokalen Treibhaus-Emissionen von lediglich 2 Prozent nur bedingt Möglichkeiten, zu all dem nennenswert etwas beizutragen. Die bei städtischen Liegenschaften erforderlichen Maßnahmen können von den zuständigen Mitarbeitern des Gebäudemanagements kontrolliert realisiert werden. Die Stabsstelle Umwelt kann sich deshalb nur auf Beratung, Information und Motivation fokussieren und an die Vernunft der Privatleute, Wohnungswirtschaft, Gewerbetreibenden, Industrie und des Gemeinderats appellieren, die notwendigen Maßnahmen auch umzusetzen.

Das Ziel: Erhöhung der Akzeptanz durch Aufklärung aller Akteure!

Sonst kann die Wärmewende nicht gelingen. Das ist eine Herausforderung, die aufgrund von Eigennutz und kurzfristigem wirtschaftlichen Denken und Handeln bisher nur ungenügend angegangen wurde. Deshalb sind jetzt auch hier städtische Lenkungs- und Steuerungsinstrumente erforderlich wie bereits ein Gemeinderat im Technischen Ausschuss vermerkte. Bei der Innenstadtsatzung und der Sozialquote waren solche Maßnahmen selbst in Lahr kein Thema. Aber ohne solche Instrumente ist die zu unser aller Wohl zwingend erforderliche Klimaneutralität in nur noch 16 Jahren nicht zu erreichen.